In dem europäischen Verbundvorhaben AquaNES wurden von 2016 bis 2019 verschiedene Kombinationen aus naturnahen und technischen Systemen auf ihre Eignung zur Abwasserbehandlung untersucht. Die Ergebnisse wurden in einer Handreichung für Planer und Betreiber solcher und vergleichbarer Anlagen beschrieben. Die Empfehlungen zeigen die Potenziale und sinnvolle Anwendungen derartiger Kombinationen.

Der erste Teil des Dokuments befasst sich mit Bodenfiltern als Teil von kombinierten Systemen und beschreibt mögliche Kombinationen mit technischen Vor- und Nachbehandlungen. Die verschiedenen Einsatzmöglichkeiten von Pflanzenkläranlagen als Primär-, Sekundär- oder Tertiärbehandlung sowie die duale Nutzung für Mischwasserüberläufe und als dritte Reinigungsstufe werden beleuchtet. Wichtige Auslegungsparameter, insbesondere das deutsche Regelwerk DWA A-262 (2017) für die Dimensionierung, den Bau und den Betrieb von Pflanzenfiltern für die kommunale Abwasserreinigung werden hier zusammengefasst und mit den Ergebnissen aus den Demonstrationsstandorten und den Erfahrungen der Autoren kombiniert.

Im zweiten Teil werden die fünf AquaNES-Standorte in Griechenland, Deutschland und Großbrittanien, ihre unterschiedlichen Anwendungsbereiche, Konstruktions- und Betriebsdaten sowie die Überwachungsergebnisse vorgestellt. Die beiden griechischen Standorte, die Kläranlagen Antiparos und Thirasia, befinden sich beide auf touristisch geprägten Inseln in der Ägäis. Der Schwerpunkt der Lösung in Antiparos lag auf der Schaffung eines robusten, naturnahen Systems, das die schwankende hydraulische und organische Fracht bewältigt und den griechischen Standard für die Wiederverwendung zur Bewässerung erfüllt. Auf Thirasia wurde ein Bodenfilter in eine Reihe unterschiedlicher technischer Prozesse integriert. Hierbei wurde auch mit der Photokatalyse über TiO2 experimentiert und eine nachgeschaltete Membranfiltration betrieben. In Deutschland wurde in Rheinbach (Erftverband) ein innovativer Retentionsbodenfilter für den kombinierten Einsatz als Vierte Reinigungsstufe und zur Behandlung von Mischwasserüberläufen getestet. Auf dem Klärwerk Schönerlinde bestand die Kombination aus einer Ozonanlage und einem nachgeschalteten Bodenfilter. Hier wurde ebenfalls die Rückhaltung von organischen Mikroschadstoffen wie Arzneimittelrückständen und Metaboliten im Ablauf der Kläranlage demonstriert. Schließlich konnte am Standort Packington (Großbritannien) die Wirksamkeit von Bodenfiltern mit reaktivem Filtermaterial aus Hochofenschlacke im Langzeitbetrieb untersucht werden.

Ansprechpartner: Heribert Rustige

Download: Bericht

Vom 22. bis zum 26. Oktober fand in Frankreich die gemeinsame Konferenz „s2small 2017“ der IWA Arbeitsgruppen Kleine Kläranlagen, EcoSan und Dezentrale Kläranlagen statt. Florent Chazarenc von der IMT Atlantique und Organisator der Konferenz betonte, dass kleine Systeme ein entscheidender Teil der Lösung für die humanitären Probleme der Welt sind: „Small is beautiful, efficient and affordable – small is the future“. Mehr als 200 Teilnehmer folgten dem Aufruf und diskutierten ihre Lösungsvorschläge aus den Bereichen Ressourcenorientierte Abwassersysteme, Abwasserbehandlung- und Verwertung.

Als deutschen Beitrag zur Verbesserung von kleinen Kläranlagen stellte Heribert Rustige, AKUT Partner aus Berlin, das neue Arbeitsblatt DWA-A 262 zum Thema Pflanzenkläranlagen vor. Dieses erscheint voraussichtlich im November 2017 und ersetzt das bisherige mit Datum von 2006. Im Unterschied dazu wurden zahlreiche neue Lösungen bzw. Systemvarianten in das neue Arbeitsblatt aufgenommen. Dazu zählt das sogenannte Französische System, das aus einer Kombination mit Rohwasservorbehandlung in einem bepflanzten Kiesfilter und einer Nachbehandlung in einem bepflanzten Sandfilter besteht (z.B. Phragmifiltre). Besonders innovativ ist auch das neu beschriebene Bodenfilterverfahren mit aktiver Belüftung. Dieses wurde von Scott Wallace in den USA entwickelt und mehrere Jahre in Deutschland intensiv vom UFZ Leipzig getestet.

Internationales Interesse an Deutscher  Pflanzenkläranlagenrichtlinie

In der Vergangenheit hatte das A 262 bereits Interesse aus anderen Ländern auf sich gezogen. Zuletzt war es ins Russische übersetzt worden. Auch auf die Veröffentlichung der aktuellen Fassung warten bereits viele Anwender. Die englische Übersetzung wird im nächsten Jahr ebenfalls über die DWA in Hennef zu beziehen sein.

Der Vorteil eines solchen, detaillierten Regelwerks besteht in der erhöhten Sicherheit für Planer und Betreiber. Das Arbeitsblatt nennt minimale Anforderungen an die Dimensionierung von Bodenfiltern und beruft sich auf Werte, die aus der Praxis stammen.  Der Anwender muss jeweils prüfen, ob die Randbedingungen in seinem Anwendungsfall zutreffend sind. Dabei hebt das Regelwerk auf die Behandlung von häuslichem und kommunalem Schmutzwasser, einschließlich Mischkanalisation ab. Darüber hinaus wird auch die Behandlung von Grauwasser in Bodenfiltern berücksichtigt.

Hilfreich sind die Tabellen, die zum Beispiel die verschiedenen Abwasserzusammensetzungen oder spezifische Bemessungswerte berücksichtigen. Verschiedene sinnvolle Verfahrenskombinationen werden aufgezeigt. Rustige betonte allerdings in seinem Vortrag, dass sich die Richtlinie nicht als eine einfache Bauanleitung versteht, denn es werden Fachkenntnisse vorausgesetzt. Auch werden keine Bemessungsformeln oder Modellierungsansätze aufgezeigt, weil sich diese in der Praxis noch nicht bewährt haben. Interessanter ist vielmehr die Darstellung von Mindestanforderungen, mit denen sich bestimmte Ablaufwerte bzw. Reinigungsgrade erzielen lassen. Bei der theoretischen Modellierung der Reinigungsgrade werde leider häufig nicht berücksichtigt, dass die Hydraulik oder der Sauerstoffübergang entscheidende limitierende Faktoren sein können, die im schlimmsten Falle zu einem totalen Versagen des Bodenfilters durch Kolmation führen. Besser ist es da, sich an den aus der Praxis hergeleiteten statistisch relevanten Ergebnissen zu orientieren, wie sie im A 262 verwendet werden.