Bei strahlendem Wetter, am ersten Tag der Corona-Lockerungen in Brandenburg, eröffneten Bürgermeister Karl Tedsen, Amtsdirektor Dieter Fuchs und Katrin Covic vom Verein Aktives Neustadt (Dosse) am 3. Juni 2021 das neu gestaltete Freibad. Neun Jahre lang mussten die Bürger auf die Sanierung des alten maroden Schwimmbads warten. Heute ersetzt ein biologischer Filter die früher mit Chlorchemie betriebene Wasseraufbereitung.

Bei der grundlegenden Sanierung wurde das Schwimmbecken um eine Sprunganlage mit 1-Meter Brett und 3-Meter Turm ergänzt. Dies hatte eine aufwändige Erweiterung und Umgestaltung des alten Betonbeckens zur Folge. Die Auskleidung des rund 540 Quadratmeter großen Beckens mit einer hochwertigen PVC-freien Folie sowie die Erschließung über einen Naturholz-Steeg vermitteln nun einen warmen und natürlichen Eindruck. Der seichte Zugang über den Nichtschwimmerbereich ist natürlichen Flachufern nachempfunden, barrierefrei und lädt die Kleinen zum Planschen ein.

Die biologische Wasseraufbereitung besteht aus einem einfachen Bodenfilter, der sich abseits des Badebereichs befindet. Das Substrat bietet eine große Oberfläche für den Aufwuchs von Mikroorganismen. Deren Aufgabe besteht hier in dem Abbau von organischen Schmutzstoffen, die von den Badenden aber auch von der angrenzenden Vegetation oder von Vögeln eingetragen werden können. Die Vorteile dieses natürlichen Verfahrens liegen in den adaptiven Eigenschaften und der Vermeidung von chlor-organischen Verbindungen, die sonst bei der Chlorung entstehen würden.  Das heißt, der Biofilm wächst mit seinen Aufgaben: steigt das Nahrungsangebot im Biofilter, wächst die Biomasse und steigert die Reinigungsleistung. Allerdings sind natürliche Systeme vergleichsweise träge, so dass eine Einarbeitungszeit erforderlich ist.

Im Fokus der natürlichen Badewasserbehandlung steht hier die Verminderung von Keimen und von Phosphat. Während unerwünschte Bakterien von den Protozoen auf dem Biofilm „vertilgt“ werden, lässt sich Phosphor nur adsorptiv am Filtermaterial binden. Zu diesem Zweck wurde der Biofilter durch einen regenerierbaren Phosphatfilter ergänzt, denn je mehr Phosphat dort gebunden wird, desto klarer bleibt das Wasser im Badeteich.

Die Stadt Neustadt an der Dosse hat mit dieser Lösung auf eine behutsame Sanierung des Freibads unter Einbeziehung der vorhandenen Bausubstanz gesetzt. Mit dieser Aufgabe wurden die regionalen Planungsbüros s quadrat m, Freischaffende Architekten Sylvia Markau und Steffen Michaelis aus Kyritz sowie VORLAND, Landschafts- und Freiraumplanung Susanne Geitz aus Wulkow in Verbindung mit dem Fachplanungsbüro für ökologische Wasseraufbereitung AKUT Umweltschutz Ingenieure Burkard und Partner, Heribert Rustige betraut.

Kontakt: Heribert Rustige

In dem europäischen Verbundvorhaben AquaNES wurden von 2016 bis 2019 verschiedene Kombinationen aus naturnahen und technischen Systemen auf ihre Eignung zur Abwasserbehandlung untersucht. Die Ergebnisse wurden in einer Handreichung für Planer und Betreiber solcher und vergleichbarer Anlagen beschrieben. Die Empfehlungen zeigen die Potenziale und sinnvolle Anwendungen derartiger Kombinationen.

Der erste Teil des Dokuments befasst sich mit Bodenfiltern als Teil von kombinierten Systemen und beschreibt mögliche Kombinationen mit technischen Vor- und Nachbehandlungen. Die verschiedenen Einsatzmöglichkeiten von Pflanzenkläranlagen als Primär-, Sekundär- oder Tertiärbehandlung sowie die duale Nutzung für Mischwasserüberläufe und als dritte Reinigungsstufe werden beleuchtet. Wichtige Auslegungsparameter, insbesondere das deutsche Regelwerk DWA A-262 (2017) für die Dimensionierung, den Bau und den Betrieb von Pflanzenfiltern für die kommunale Abwasserreinigung werden hier zusammengefasst und mit den Ergebnissen aus den Demonstrationsstandorten und den Erfahrungen der Autoren kombiniert.

Im zweiten Teil werden die fünf AquaNES-Standorte in Griechenland, Deutschland und Großbrittanien, ihre unterschiedlichen Anwendungsbereiche, Konstruktions- und Betriebsdaten sowie die Überwachungsergebnisse vorgestellt. Die beiden griechischen Standorte, die Kläranlagen Antiparos und Thirasia, befinden sich beide auf touristisch geprägten Inseln in der Ägäis. Der Schwerpunkt der Lösung in Antiparos lag auf der Schaffung eines robusten, naturnahen Systems, das die schwankende hydraulische und organische Fracht bewältigt und den griechischen Standard für die Wiederverwendung zur Bewässerung erfüllt. Auf Thirasia wurde ein Bodenfilter in eine Reihe unterschiedlicher technischer Prozesse integriert. Hierbei wurde auch mit der Photokatalyse über TiO2 experimentiert und eine nachgeschaltete Membranfiltration betrieben. In Deutschland wurde in Rheinbach (Erftverband) ein innovativer Retentionsbodenfilter für den kombinierten Einsatz als Vierte Reinigungsstufe und zur Behandlung von Mischwasserüberläufen getestet. Auf dem Klärwerk Schönerlinde bestand die Kombination aus einer Ozonanlage und einem nachgeschalteten Bodenfilter. Hier wurde ebenfalls die Rückhaltung von organischen Mikroschadstoffen wie Arzneimittelrückständen und Metaboliten im Ablauf der Kläranlage demonstriert. Schließlich konnte am Standort Packington (Großbritannien) die Wirksamkeit von Bodenfiltern mit reaktivem Filtermaterial aus Hochofenschlacke im Langzeitbetrieb untersucht werden.

Ansprechpartner: Heribert Rustige

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